Sonntag, 1. April 2012

Beatclub Bandcorner no.72 - Bendagram (fin)

Unbeweglich, apathisch und rigide starren die zwei Sound-Nerds aus Helsinki mit umgehängten Gitarren auf ihre Loop-Maschinen, Synthies und Laptops. Was dabei aber aus den Lautsprechern schallt, bringt die Ohren zum Träumen. Mit ihren schon fast uniformen Hipster-Hornbrillen und XL-Denimshirts, stechen sie zwar äußerlich nicht sonderlich aus der breiten Masse der Indie-Szene hervor, musikalisch kann man sie jedoch ohne schlechtes Gewissen als einzigartig bezeichnen. Das will natürlich nicht heißen, dass ihr Sound jeglicher Einflüsse entbehrt. Ganz im Gegenteil sind durchaus offensichtliche Anspielungen an skandinavische Kollegen, wie zum Beispiel Fever Ray, zu hören. Durch ihre ungewöhnlich tanzbare Melancholie können natürlich auch Vergleiche mit kontemporären Acts wie The XX nicht ausbleiben. Die musikalische Gesamtstimmung von Bendagram lässt sich aber ganz einfach als eine weniger wütende, elektronische und beatlastige Version von Nirvana beschreiben. Besonders ist dieser Einfluss in ihrer ersten Single „Windows“ zu hören, die gemeinsam mit dem Song „Headlights“ auch die gesamte musikalische Internetpräsenz von Bendagram darstellt. Ausgekoppelt wurde die Single aus der ersten und bisher einzigen EP „Realistic Room Session“, die Anfang dieses Jahres von den Kaiku Studios in Berlin produziert wurde, bisher aber nur bei ihren Konzerten erhältlich ist. Das Wort „ausgekoppelt“ ist dabei sehr passend, da ihre sechs Songs auf der EP ganz programmatisch in einem 25-Minuten-Track zusammengefasst sind. 
Mit einem solchen Statement zur stärkeren Forcierung des Albumformats und ihrem Sound zwischen äußerst subtil gelegter Beat-Struktur, changierenden Loop-Mustern und bis zur Verzweiflung tanzbarer Melancholie, strebt Bendagram zielgerade in die Zukunft. Obwohl die zwei schüchternen Finnen noch ganz am Anfang ihrer Karriere stehen, ist eine zukünftige Stellung als maßgebender finnischer Musikexport nur zu erwarten.

Song you should listen to:

Bendagram - Windows from Bendagram on Vimeo.
Website: http://bendagram.com/
Editor: Hieronymus

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Beatclub Bandcorner no.71 - Still Corners (uk)

Es fühlt sich an, als würde eine glasige Stimme aus einem Tunnel aus Eis widerhallen. Die Rede ist von Still Corners aus London, die ihr Album „Creatures of an Hour“ im Oktober 2011 released haben. Wenn man die Diskographie von Still Corners betrachtet, erscheint es, als wäre die Band bei jedem Song in etwas weitere Sphären entrückt. Ihre hallende Musik enthält eine dramatische Mischung aus hauchendem  Dream Pop und weltentrückten Klängen des Ethereal, mit einer Ähnlichkeit zu den Cocteau Twins der 80er und einer träumerischen Note, die Beach House – Liebhaber bestimmt anspricht. Der Effekt der durch den psychedelisch – süssen Klang auf den Hörer entsteht, lässt einen kleinen Schauer über den Rücken laufen, als wäre mit dem Drücken der Play-Taste plötzlich ein Fenster aufgegangen, das eiskalte Luft einer Winternacht eintreten lässt. 
Ihr Debutalbum „Remember Pepper“, das auf dem Indie Label Sub Pop Records veröffentlicht wurde, findet mit dem ersten Titel des Albums „History Of Love“, das interessanterweise am Anfang des Songs einen leichten Touch der Cranberries enthält, einen perfekten, traumversunkenen Eingang, der sich durch das ganze Album zieht. Ihrer eigenen Aussage nach, lässt sich die Band, und im speziellen Songwriter Greg Hughes,  neben Klängen wie etwa dem Hall in einer altertümlichen Kirche, auch von Filmen John Carpenters inspirieren, was sich in der geistigen, fast unheimlichen Art und Weise der Kombination heller, eindringlicher Töne  und der scheinbar schwebenden, feinen und filigranen Stimme von Tessa Murray widerspiegelt.
 

Song you should listen to: Wish
MySpace: http://www.myspace.com/stillcorners
Editor: Mrs. Joy

Montag, 24. Oktober 2011

Beatclub Bandcorner no.70 - Veronica Falls (uk)

Roxanne Clifford und James Hoare, beide Gesang und an den Gitarren, Bassistin Marion Herbain und Schlagzeuger Patrick Doyle bilden das Quartett, welches zur einen Hälfte aus Glasgow und zur anderen Hälfte aus London kommt. Die Grazie von Belle & Sebastian kombiniert mit der Düsterheit von The Pastels - scottish indie music at its best. Diese beiden Eigenschaften vereinen die nun in London lebenden "Veronica Falls", deren Debütalbum diese Tage erschienen ist. Retro in Vollendung! Als Support mit den Dum Dum Girls derzeit auf Tour, ist leicht vorzustellen, dass bald umgekehrtes der Fall sein könnte (Anm. des Autors). Erstmals getroffen haben sich die Vier auf einem Konzert der Band "Comet Again" in London und beschlossen die ersten gemeinsamen Demoaufnahmen auf Myspace (ja, das gab es anno 2007 noch und das auch noch in einem gut funktionierendem Modus) online zu stellen. Glaubt man der Biographie der Band, dann wurde Mike Sniper, Chef des New Yorker Musiklabels Captured Tracks, innerhalb der ersten 10 Minuten des Uploads des ersten Veronica Falls Songs auf Myspace auf diese aufmerksam und nahm sie unter Vertrag. Ob das nun wirklich nach nur 10 Minuten war, sei dahingestellt, tut aber auch nichts zu Sache. Die Aufnahmen zum gleichnamigen Debütalbums entstanden jedenfalls innerhalb von zwei Wochen, während dessen sich das Quartett von der Außenwelt ab"schotte"te, um sich vollends auf die Musik zu konzentrieren. 

Veronica Falls ist in America über Slumberland ( - Ja! Dem POPBAH Label. Mit Selbigen waren sie auch in den USA auf Tour. Gegenseitige Sympathie war die logische Folge.) und in Europa auf Bella Union erschienen. Jeder einzelne Song spiegelt die Liebe zu Schrammel-Gitarren Lo-Fi Indie mit Hang zu C86* wieder. Die bereits vor dem Release herausgebrachten Singles "Bad Feeling" und "Beachy Head" wurden um zauberhaft schöne Songs wie "Misery" and "Wedding Day" erweitert. Letzter Song hätte von Legenden wie The Wedding Present nicht besser geschrieben werden können (Anm. des Autors).
 
*C86 (von Cassette 86) ist ein 1986 herausgebrachter, einflussreicher Musik-Sampler der englischen Zeitschrift „New Musical Express“. Er definierte eine neue Musikrichtung, den Twee-Pop. Auf C86 wurden Bands veröffentlicht, die bei unabhängigen Plattenfirmen unter Vertrag standen. C86 war die Nachfolge-Compilation zu C81, die zum fünfjährigen Bestehen des Independent-Vertriebs Rough Trade veröffentlicht wurde.

Songs you should listen to: Found Love In A Graveyard, Bad Feeling
Editor: marky mushroom

Montag, 10. Oktober 2011

Beatclub Bandcorner no.69 - The War On Drugs (us)

Zwei Alben in acht Jahren Bandgeschichte. Böse Zungen tuscheln hinter vorgehaltener Hand und man schnappt auf, dass es wohl ohne den berühmt berüchtigten Kurt Vile nicht mehr so gut läuft bei The War On Drugs. Man versucht, die aufgebrachte Menge zu beruhigen und stellt die Frage in den Raum: Ist es denn wirklich so aussichtslos? 
Praktisch also, um sich damit genauer beschäftigen zu können, dass heuer das aktuelle Album Slave Ambiente den Musikmarkt beglücken durfte. Eingängige Melodien, viel Gitarre und sogar eine Mundharmonika sorgen dafür, dass man sich gleich nach ein paar Minuten ziemlich amerikanisch fühlt. 
Adam Granduciel, mittlerweile übrigens einziger Überlebender der Ursprungsformation, hat Kurt Vile beim Gesang abgelöst und man darf durchaus loben. Mit einer guten Portion Hall im Gepäck säuselt er uns Songs entgegen, die gefühlvolle Titel wie Brothers tragen und den einen oder anderen vielleicht an Bob Dylan erinnern. Es geht aber auch anders: Bei Your Love Is Calling My Name bleiben zwar zugegebener Maßen der gefühlvolle Titel und auch der Hall, aber die Herren schleichen hier, fast unbemerkt, schon über die Grenze zum New Wave. Ganz verrückt wird es dann bei Baby Missiles, wo Robbie Bennett am Keyboard auf höchst interessante mit der Orgeleinstellung experimentiert.
Alles in allem hat das Quartett aus Philadelphia hier ein sehr hörenswertes Album abgeliefert und den Zweiflern bewiesen, dass man unter Umständen auch ohne Kurt Vile gute Musik machen kann.

Song, you should listen to: Baby Missiles
The War on Drugs - Baby Missiles by One Thirty BPM

Myspace: http://www.myspace.com/thewarondrugs
Editor: resi rakete 

Dienstag, 13. September 2011

Beatclub Bandcorner no.68 - Cults (us)

Ungefähr ein Jahr ist es her seit Brian Oblivion and Madeline Follin, ein Studentenpärchen aus New York, die Band Cults gründeten und ihre ersten drei Songs auf Bandcamp veröffentlichten. Die Unschuld ihrer ersten gemeinsamen musikalischen Experimente kam in der Blogger- und Twittersphäre dermaßen gut an, dass sich ihre beiden Songs „Abducted“ und „Go Outside“ nach kürzester Zeit schon in der Kategorie Best New Music auf Pitchfork wieder fanden. Resultat der enormen Begeisterung seitens der Blogger und Musikpresse war ein Plattenvertrag bei Lily Allen’s Label In The Name Of und mittlerweile auch ein Debutalbum namens Cults. Es ist ein äußerst interessantes Album voller Ausgelassenheit und Erinnerungen. Mit in Hall ertrinkenden Stimmen tänzelt ihr Sound zwischen 60s-Girl-Band-Twee Pop und schrammeligen Lo-Fi, auf den Spuren von Bands wie Summer Camp, Tennis oder Girls dahin und beschwört die Geister der Vergangenheit. Cults bleiben zugleich aber immer auf einem ganz eigenen Weg, der das viele Lob und die Begeisterung auf jeden Fall rechtfertigt.
 
Trotz des schnellen Erfolgs und dem großen Interesse an den beiden inzwischen Ex-Film-Studenten der NYU, legen Cults Wert darauf, ihre Musik in den Vordergrund zu stellen und eine geheimnisvolle Sphäre um ihre Persönlichkeiten zu erhalten. Außerdem pochen sie besonders darauf nicht in die Brooklyn Schublade gesteckt zu werden. Sie sind eine Manhattan-Band.

Song you should listen to: Abducted
Editor: Hieronymus

Montag, 29. August 2011

Beatclub Bandcorner no.67 - 2:54 (uk)

Geheimnisvolle Straßen, düster und nass, unter einem dunklen, mit Wolken verhangenen Himmel. Szenen und Eindrücke wie diese sind es, die uns die zwei Thurlow Schwestern aus London mit ihrer Musik vor die Augen zaubern. Sie sind unter dem Namen 2:54 bekannt und gerade dabei die britische Musikszene aufzumischen. Nach ihren Garageband Demos „Creeping“ und „Sugar“ von 2010 ist im März dieses Jahres ihre erste 7’’ „On A Wire / Cold Front“ via House Anxiety erschienen. Ganz wie ihre guten Freunde von The XX und Warpaint geben sie sich melancholisch und kühl. Stilistisch gehen sie jedoch einen ganz eigenen Weg. Beeinflusst vom straighten Stoner der Queens Of The Stone Age strotzen ihre Songs geradezu vor Desert Rock. Unter ihrem musikalischen Leitspruch „all noise“ wälzt der karge, unaufhaltsame Sound zwischen Grunge, Post Punk und Shoegaze alles nieder was ihm in den Weg kommt. 
Diese bedrohlichen Lo-Fi Klänge reißen schon während dem ersten Hören derart mit, dass sich schnell der leise Wunsch im Gehirn festsetzt, der Song möge doch bis in die Unendlichkeit weiter und weiter laufen.
 
Song you should listen to: On A Wire
Editor: Hieronymus

Donnerstag, 11. August 2011

Beatclub Bandcorner no.66 - Fruit Bats (us)

Bereits 1999 gegründet, gehören die Fruit Bats ja quasi schon zu den alten Hasen im Musikgeschäft. Diese Aussage geschieht jedoch unbeachtet der Tatsache, dass die Band seitdem in ständig wechselnder Besetzung musizierte. Einziges konstantes Mitglied ist Eric Johnson. Wer glaubt, diesen Namen schon einmal gehört zu haben, sollte sich nicht voreilig für verrückt erklären. Seit 2007 nämlich ist besagter Herr Mitglied von The Shins. Und mit denen teilen sich die Fruit Bats nicht nur das Label Sub Pop, sondern verzaubern auch ganz in deren Stil mit nachdenklichen Riffs und einer ganzen Menge Folk mit Südstaatenanleihe. Wobei hier und da auch mal eine mutige Schrammelgitarre zu hören ist. Fans von Blitzen Trapper und The Dodos kommen also mit Sicherheit auf ihre Kosten.

Seit dem 29. Juli ist das mittlerweile fünfte Studioalbum Tripper der Band in den Plattenläden. Da dieses Datum ja mittlerweile der Vergangenheit angehört, haben wir ein neues: Am 7.12. statten die Herren auch Wien einen Besuch ab und spielen im ehrwürdigen B72. Also nicht vergessen: You won't lose the beat if you just keep clapping your hands.

Song you should listen to: The Ruminant Band
Editor: resi rakete